Theodore Monod, der große Wüstenreisende, schrieb über Mauretanien: „Der Schaumstreifen, der die Bucht von Levrier säumt, bildet die schmale Grenze zwischen zwei Ozeanen, einem aus Wasser und einem aus Sand: dem Atlantik und der Sahara.“

Schon nackte Zahlen beschreiben den Sahara-Staat Mauretanien auf beeindruckende Weise: Mauretanien ist nicht ganz drei Mal so groß, wie Deutschland, hat aber nur rund ein Zwanzigstel der Einwohner Deutschlands. Von den 4,3 Millionen Menschen lebt eine Million in der Hauptstadt Nouakchott am Atlantik. 80 Prozent des Landes sind Wüste. Nur im äußersten Süden, im Tal des Senegal, dem einzigen Fluss, der ganzjährig Wasser führt, ist Landwirtschaft möglich. Mauretanien gehört zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Erde.

Diese Reise, die, auf dem Weg vom Norden in den Süden, durch Westsahara führt, gilt auch der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (DARS), die 1976 von der Befreiungsbewegung Polisario ausgerufen wurde und nur von rund 50 Nationen der Welt anerkannt wird. Westsahara war spanische, Mauretanien französische Kolonie.

Diese Fotos beschreiben meine erste Reise nach Westsahara und Mauretanien. Mit Sicherheit wird das nicht meine letzte Fahrt in diese Region bleiben. Zunächst bin ich tagelang mit meinem Landy unterwegs, entlang der 652 Kilometer langen Erzbahn vom Hafen in Nouadhibou bis zum Eisenerzabbauort Zouerat. Mit bis zu 250 aneinandergekoppelten Waggons ist das der längste Frachtzug der Welt. Drei amerikanische Loks sind ihm vorgespannt.

Die Reise führt mich zum Ben Amira, dem größten Monolithen Afrikas, ins aufgelassene Steinsalzabbaugebiet von Idjil, von dem aus die Salzkarawanen loszogen. Bis dann das billige, aus dem Atlantik gewonnene Salz, aus dem Senegal, Idjil die wirtschaftliche Basis nahm. Über Waschbrettpisten und über vom Sturm verwehte Weichsandfelder kämpfte ich mich bis zu den Bibliotheken der heiligen Stadt Chinguetti, die 2003 als Unesco-Weltkulturerbe vom Sand befreit wurde. In diesen Tagen erobert sich die Sahara die Stadt neuerlich zurück.

Ich erreiche, 30 Kilometer außerhalb Mauretaniens, auf dem Territorium der DARS, die zum Zeitpunkt meiner Reise genau vor 30 Jahren bauchgelandete „Pelikan“. Dieses Flugzeug der Marke „Avro Shakelton“ diente nach dem 2. Weltkrieg der südafrikanischen Luftwaffe zur Seefernaufklärung, war schon außer Dienst gestellt, wurde 1994 restauriert und zur großen Flugshow nach England eingeladen. Auf dem Überstellungsflug schlug das Kühlsystem über der Sahara leck, zusätzlich brach eine Verbindungsschraube zu einem der Propeller des Langstreckenbombers. Dem Piloten gelang eine perfekte Notlandung. Alle 19 Crewmitglieder überlebten nahezu unverletzt. Ein Funkspruch führte dazu, dass die gesamte Besatzung gerettet wurde. Seither liegt die „Pelikan“ noch vor dem verminten Sandwall der sich 2.500 Kilometer vom Norden in den Süden der Westsahara zieht, als eine Art Symbol dafür im Sand, dass die Wüste stärker ist, als jegliche menschliche Technik. Eine Akazie wächst neben ihrer Kanzel aus dem Sand.

Meinen Hauptanziehungspunkt bildeten abermals die Menschen: Das Mädchen mit dem endlos traurigen Blick, das plötzlich in Choum vor mir stand. Just, der Niederländer mit seiner berührenden Lebensgeschichte, der in Atar das Bab Sahara seit den Zeiten, als noch die Paris-Dakar-Rallye durch Mauretanien führte, betreibt. Der Chamelier, dem ich im tagelangen Sandwind begegnete und der sich um seine Dromedare kümmerte, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres, als diese auch im beginnenden Sturm zur Tränke zu führen. Die Fischer von Nouakchott, die ihren Singsang sprechen, während sie ihre bemalten Boote aus dem Atlantik schieben. Oder Coline, die junge französische Mitarbeiterin von Sea Shepherd, die ich treffe, während sie auf dem Weg zu einem Einsatz im Senegal ist. Sie erklärt mir, dass diese ehrenwerten Fischer auch immer weiter hinausfahren müssen, um noch genug Fang heimzubringen, um überleben zu können. Und sie tun es mit Netzen, die den Meeresschildkröten zum Verhängnis werden…